Die Vergabe von Rettungsdienstleistungen wurde in den letzten Jahren immer wieder intensiv diskutiert. Trotz der Entscheidung des 10. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 01.12.2008 (X ZB 32/08), dass Rettungsdienstleistungen nach nationalem Recht grundsätzlich vollumfänglich dem Vergaberecht unterliegen und ausgeschrieben werden müssen, beschäftigte die Thematik auch in den Folgejahren mehrfach die Vergabestellen und die Nachprüfungsinstanzen.

Die Stadt Solingen beabsichtigte eine Neuvergabe kommunaler Rettungsdienstleistungen für die Dauer von fünf Jahren, schloss hierbei jedoch private Anbieter komplett vom Verfahren aus. Stattdessen forderte die Stadt Solingen ausschließlich vier gemeinnützige Hilfsorganisationen zur Angebotsabgabe auf. Hiergegen wendete sich der private Rettungsdienstanbieter Falck zunächst erfolglos mit einem Nachprüfungsantrag. Das OLG Düsseldorf als Beschwerdeinstanz setzte das Verfahren zunächst aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2014/14/EU vor (Beschluss vom 12.06.2017, VII-Verg 34/16).

Art. 10 Buchst. h der RL 2014/14/EU sieht vor, dass diese nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge gilt, die „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden […] mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung“ betreffen, sodass solche Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen sind.

Der Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona kommt in seinen Schlussanträgen vom 14.11.2018 (C-465/17) zu dem Ergebnis, dass der Transport von Notfallpatienten in einem Rettungswagen bei Betreuung und Versorgung durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter als „Einsatz von Krankenwagen“ anzusehen sei, sodass eine solche öffentliche Auftragsvergabe nicht den Verfahren der RL 2014/14 unterliege. Dies setze jedoch voraus, dass die Leistung  von einer gemeinnützigen Organisation oder Vereinigung erbracht wird. Die Rettungsdienstleistung unterfalle zudem dann wieder dem Anwendungsbereich der RL 2014/14, wenn der Transport von Patienten keinen Notfall darstellt und in einem Krankentransportwagen durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter erfolgt, denn dies falle nicht unter die für den „Einsatz von Krankenwagen“ im Allgemeinen geltende Ausnahme. Schließlich legt der Generalanwalt den Begriff der gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen so aus, dass dies nur solche seien, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind und etwaige umständehalber erzielte Gewinne der Erfüllung ihrer sozialen Aufgaben widmen. Eine bloße Anerkennung im innerstaatlichen Recht als Hilfsorganisation genüge hierzu nicht.

Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob die EuGH-Richter den Schlussanträgen folgen werden. Diese werden schon jetzt die deutsche Sichtweise auf die Vergabe von Rettungsdiensten nachhaltig verändern und die Diskussion um eine Bereichsausnahme für Rettungsdienstleistungen wieder deutlich an Fahrt aufnehmen lassen.

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