In einer Zuwendung darf sich kein öffentlicher Auftrag verstecken. Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 11.07.2018 – VII-Verg 1/18) hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Abgrenzung zwischen einem öffentlichem Auftrag im Sinne des Vergaberechts und einer Zuwendung auseinandergesetzt.
Konkret ging es um die Durchführung von Maßnahmen der Flüchtlingsbetreuung in der Stadt Düsseldorf. Ein kommerzieller Anbieter wandte sich mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Übertragung derartiger Leistungen an einen Zusammenschluss von Wohlfahrtsverbänden, da die Leistungen nach seiner Auffassung als öffentlicher Auftrag hätten ausgeschrieben werden müssen. Die Vergabekammer Rheinland gab ihm im zunächst recht (VK D – 11/2017-L). Das OLG Düsseldorf hob die Entscheidung jedoch auf und nahm in seinen Entscheidungsgründen zu den Unterschieden zwischen öffentlichem Auftrag und Zuwendung Stellung. Bei einem öffentlichen Auftrags entstehe ein einklagbarer Erfüllungsanspruch gegen den Auftragnehmer. Bei einer Zuwendung sei Zuwendungsgeber darauf beschränkt, die Fördergelder im Falle einer nicht bestimmungsgemäßen Verwendung zurückzufordern. Auf die Differenzierung, dass mit der Zuwendung typischerweise primär die Erfüllung fremder Aufgaben gefördert werde und sie nur mittelbar staatlichen Interessen diene, der öffentliche Auftrag hingegen einen unmittelbaren wirtschaftlichen Bedarf des Staates decke, komme es nicht an. Ob der öffentliche Auftraggeber aber einen solchen Bedarf habe, entscheide er allein. Weder aus den Vorschriften des GWB noch aus anderen ggf. heranzuziehenden Anknüpfungsnormen ergebe sich die Verpflichtung, Aufgaben zur Gewährleistung der sozialen Betreuung von Flüchtlingen als öffentlichen Auftrag zu vergeben. Der Anwendungsbereich des Vergaberechts sei erst dann eröffnet, wenn der Auftraggeber hierzu einen durch eine Ausschreibung zu deckenden Beschaffungsbedarf festgestellt habe. Im konkreten Fall kam noch hinzu, dass die Fördergelder an einen religiösen Verein geflossen sind, der nach Auffassung des OLG Düsseldorf nunmehr seinen grundgesetzlich geschützten karitativen Tätigkeiten verstärkt nachkommen könne. Damit läge letztlich auch eine Förderung fremder Interessen durch die Zuwendung vor.
Achtung Einzelfallentscheidung! Der öffentliche Auftraggeber kann selbst festlegen, ob er einen durch Ausschreibung zu deckenden Beschaffungsbedarf hat. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Begriffe, die zur Anwendungsverpflichtung des Vergaberechts führen, jedoch grundsätzlich weit auszulegen. Es kommt danach bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise auf das tatsächlich zwischen den Parteien Gewollte an. Der öffentliche Auftraggeber kann jedenfalls nicht ohne weiteres auf die Einklagbarkeit der zu erbringenden Leistungen verzichten, um so dem Vergaberecht zu entgehen. Dies insbesondere dann nicht, wenn es letztlich um Aufgaben geht, deren Erfüllung – wie hier – in einem deutlichen Eigeninteresse des Auftraggebers liegt. Das OLG Hamburg (1 Verg 2/17) hat sich dementsprechend bei der Vergabe einer Spielbankkonzession auf einen abweichenden Standpunkt gestellt und das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags bejaht.
Insofern ist im Vorfeld unbedingt eine dezidierte Einzelfallbewertung erforderlich. Angesichts der weitgehenden Verpflichtungen zur Anwendung des Vergaberechts sollte zunächst eine Prüfung aus zuwendungsrechtlicher Sicht – insbesondere auch unter Berücksichtigung des Eigeninteresses des Zuwendungsempfängers – erfolgen.