Inmitten des anhaltenden Baubooms müssen sich Architekten und Ingenieure sowie ihre Kunden auf wesentliche Änderungen bei der Abrechnung von Planungsleistungen einstellen:
Laut EuGH ist die deutsche Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht mit dem europäischen Binnenmarkt vereinbar. In seinem Urteil (Rs. C-377/17) vom 04. Juli bestätigte das oberste europäische Gericht diese Ansicht der Kommission im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Demnach verstoßen die Mindest- und Höchstsätze der HOAI gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie (RL 2006/123/EG). Zwar seien Mindestsätze grundsätzlich geeignet eine hohe Qualität von Planungsleistungen zu gewährleisten, allerdings würden diese nur für Architekten und Ingenieure gelten. Andere Anbieter solcher Leistungen fielen aber nicht unter diese Preisreglementierung, weshalb die deutsche Regelung nicht kohärent und in systematischer Weise wirke. Daher seien Mindestpreise (gemäß § 7 Abs. 1, 3, 4 HOAI) keine verhältnismäßige Anforderung an die Erbringung von solchen Dienstleistungen.
Dies gelte auch für die verbindliche Festlegung von Höchstsätzen für Planungsleistungen durch Architekten und Ingenieure. Bereits eine unverbindliche Preisorientierung könne das legitime Ziel des Verbraucherschutzes vor überhöhten Honorarforderungen erfüllen.
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie erlaubt grundsätzlich Anforderungen, wie Mindest- und Höchstpreise, bei der Erbringung von Dienstleistungen. Diese dürfen aber nicht gegen die Grundsätze der Nicht-Diskriminierung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde die bislang gültige HOAI hinsichtlich der festgelegten Mindest- und Höchstpreise jedoch nicht gerecht. Daher verstoße sie gegen Art. 15 Abs. 1, 2, 3 der Dienstleistungsrichtlinie.
Bauherren sowie Architekten und Ingenieure müssen sich deshalb in naher Zukunft auf härtere Preiskämpfe einstellen. Der deutsche Gesetzgeber hingegen ist angehalten die europarechtswidrige Passage der HOAI zu korrigieren. Bis das geschehen ist, kommt eine unmittelbare Wirkung der Dienstleistungsrichtlinie in Frage.