Ein öffentlicher Auftraggeber verstößt dann gegen die ihm durch § 241 Abs. 2 BGB auferlegten Rücksichtnahmepflichten im Vergabeverfahren, wenn er einen Bieter an der Ausführung des Auftrages zu einem nicht ansatzweise auskömmlichen Preis festhalten will, der auf einem erheblichen Kalkulationsirrtum beruht. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 11.11.2014 (Az.: X ZR 32/14) auf einer Linie mit den vorangegangenen Entscheidungen (LG Hannover, 24. Juni 2013, Az.: 19 O 90/12 und OLG Celle vom 20. Februar 2014 Az.: 5 U 109/13) entschieden.

Im zugrundeliegenden Fall hatte der betreffende Bieter Straßenbauarbeiten zu einem Preis von rd. 455.000 € angeboten. Das nächstgünstigste Angebot lag bei rd. 621.000 €. Dieser erhebliche Preisunterschied beruhte auf einer fehlerhaften Berechnung des Einheitspreises bei einer Leistungsposition infolge eines falschen Mengenansatzes (bei richtiger Berechnung wäre das Angebot rund 224.000 EUR teurer gewesen). Vor Zuschlagserteilung erkannte der Bieter seinen Kalkulationsirrtum und bat um Ausschluss seines Angebots. Dieser Bitte wurde nicht entsprochen, vielmehr wurde ihm der Zuschlag erteilt. Hierin sah der BGB einen Pflichtenverstoß des Auftraggebers. Die Schwelle zum Pflichtenverstoß ist in diesen Fällen ausnahmsweise dann überschritten, wenn vom Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise schlechterdings nicht mehr erwartet werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer noch annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau-, Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen.

Für nähere Informationen steht Ihnen gern Rechtsanwältin Dr. Angela Dageförde (Tel. 0511 590975-60) zur Verfügung. Darüber hinaus finden Sie zu diesem Urteil, in der nächsten Ausgabe des VergabeNavigator (1/15) einen ausführlicheren Beitrag nebst Praxishinweis.

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