Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen (TVgG-NRW) mit der Landesverfassung Nordrhein-Westfalens nicht vereinbar. Deshalb legte es das TVgG-NRW dem Verfassungsgerichtshof in Münster zur Prüfung vorgelegt. Das TVgG-NRW verpflichtet Anbieter von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dazu, ihren Arbeitnehmern mindestens den Lohn zu zahlen, der in einem sogenannten „repräsentativen“ Tarifvertrag vereinbart ist.

Das gilt auch, wenn das Unternehmen einem anderen Tarifvertrag unterliegt, in dem ein geringerer Lohn ausgehandelt ist. Dabei muss über die Einhaltung einer absoluten Lohnuntergrenze  hinaus auch vollständig nach der Entgeltordnung des Tarifvertrags entlohnt werden. Die Entscheidung darüber, welcher Tarifvertrag repräsentativ ist und zur Entgeltberechnung herangezogen werden kann, fällt das Arbeitsministerium.

Nach Auffassung des VG Düsseldorf unterlaufe das Land Nordrhein-Westfalen als monopolartiger Nachfrager von ÖPNV-Dienstleistungen die durch das Grundgesetz und die Landesverfassung NRW garantierte Tarifautonomie. Die landesrechtliche Tariftreuepflicht sei verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar. Dies gelte insbesondere seit dem Inkrafttreten des  bundesweit gültigen Mindestlohngesetzes (MiLoG) am 01.01.2015, welches bereits ausreichenden Schutz vor Lohn- und Sozialdumping biete. Zudem seien trotz Aufforderung durch das Gericht keine Belege dafür vorgelegt, dass im ÖPNV von NRW tatsächlich Niedriglöhne gezahlt werden. Es seien durch das Verwaltungsgericht im ÖPNV von NRW stattdessen durchschnittliche Tariflöhne von rund 13 Euro pro Stunde festgestellt worden, womit das Tarifniveau weit oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro liege. Schließlich sei auch nicht nachvollziehbar, warum das Entgeltsystem des repräsentativen Tarifvertrags einschließlich aller speziellen Zuschläge in Gänze übernommen werden müsse, anstatt eine einzige Lohnuntergrenze festzulegen.

Da es sich vorliegend um einen landesinternen Sachverhalt handelt, hat das VG Düsseldorf die Sache dem VerfGH Münster anstatt dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Argumentativ ist dieser Fall dennoch länderübergreifend interessant. Auch die Vergabegesetze zahlreicher anderer Bundesländer verfügen über entsprechende, mit repräsentativen Tarifverträgen verknüpfte, Entgeltregelungen im Bereich des ÖPNV, so auch Niedersachsen in § 4 Abs. 3 NTVergG.

Für nähere Informationen steht Ihnen gern Rechtsanwältin Dr. Angela Dageförde (Tel. 0511 590975-60) zur Verfügung.