Am 01.06.2021 trat die rheinland-pfälzische Landesverordnung über die Nachprüfung von Vergabeverfahren durch Vergabeprüfstellen in Kraft (GVBl. S. 123). Hiermit hat der Landesgesetzgeber (erstmals) eine gesetzlich definierte Möglichkeit zur Überprüfung von Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte geschaffen. Rheinland-Pfalz ist damit das erste westliche Bundesland, das einen derartigen Rechtsschutz im Vergaberecht eingeführt hat.
Das Vergaberecht ist maßgeblich gekennzeichnet durch die Unterteilung in einen Bereich oberhalb und einen Bereich unterhalb der unionsrechtlichen Schwellenwerte. Für die Überprüfung der Vergabeverfahren im sog. Oberschwellenbereich können gem. der §§ 155 ff. GWB die Vergabekammern angerufen werden. Obwohl ein Großteil der Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte durchgeführt wird, existiert in diesem Bereich ein vergleichbarer Rechtsschutz nicht. Die begrenzten Möglichkeiten der Überprüfung von Vergabeverfahren sind vor diesem Hintergrund seit jeher Gegenstand von Diskussionen. Zum Teil haben Gerichte versucht, über einstweilige Verfügungen Primärrechtsschutz zu gewährleisten (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.10.2015 – 11 W 32/15). Oft blieb aber lediglich die Möglichkeit, in einem schwierigen Rechtsstreit Schadensersatz vom Auftraggeber zu fordern.
Neben Bundesländern wie Sachsen und Thüringen hat mit der o.g. Verordnung nun auch Rheinland-Pfalz dieser Lücke im Rechtsschutzsystem Beachtung geschenkt. Zukünftig wird eine dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau zugeordnete zentrale Vergabeprüfstelle für die Nachprüfung von Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zuständig sein. Besonderer Beachtung sollte aber auch hier den sog. Prüfungswertgrenzen geschenkt werden. Im Spannungsverhältnis zwischen effektivem Rechtsschutz und dem Bedürfnis nach einem zügigen Abschluss von Vergabeverfahren gilt (auch) die o.g. Verordnung nur bei Auftragsgegenständen eines gewissen Umfangs. Der Verordnungsgeber hat zunächst die folgenden Prüfungswertgrenzen festgelegt:
Für Bauleistungen: 100.000 EUR (ab 01.07.2022: 75.000 EUR)
Für Liefer-und Dienstleistungen: 75.000 EUR.
Für jegliche Fragen im Zusammenhang mit der neuen Landesverordnung oder dem vergaberechtlichen Rechtsschutz steht Ihnen Ihre Ansprechpartnerin Frau Prof. Dr. Angela Dageförde (zum Profil von Prof. Dr. Angela Dageförde) gerne zur Verfügung.